🇩🇪 Über das Nicht-Aufgeben
Wie ich einen Tiefpunkt erreichte und Trost bei den kalifornischen Redwood Bäumen fand
Eine zentrale Erkenntnis für mich in den letzten Wochen: Einen Newsletter herauszugeben ist schwer. Nicht so sehr einen einzelnen Newsletter zu schreiben, aber jede Woche einen zu produzieren. Dran zu bleiben. Die Motivation aufrechtzuerhalten.
Als ich mit Onward vor drei Monaten startete, war ich ziemlich hoffnungsvoll und optimistisch. Nervosität war natürlich auch dabei. Ich bin zwar eine erfahrene Journalistin und Buchautorin, aber einen Newsletter herauszugeben fühlte sich viel persönlicher an.
Auf der anderen Seite hatte ich viele Gedanken auf dieses Projekt verwendet und eine Menge Vorarbeiten geleistet: Ich hatte festgelegt, worum es im Newsletter gehen würde, eine Plattform ausgewählt, die mir gefiel, mich mit den technischen Besonderheiten vertraut machen, eine Grafikdesignerin gefunden, der mir half, ein Banner und ein Logo zu entwerfen, Themenideen gesammelt, ein paar Beiträge im Voraus geschrieben, Freunde und andere Leute angesprochen, die an meinem Newsletter interessiert sein könnten. So fühlte ich mich gut vorbereitet.
Dann kam der Start und eine Menge Fragen: Wird die technische Seite funktionieren? Sehen die Beiträge professionell und ansprechend aus? Wie werden meine ersten Leser reagieren? Kann ich neue Abonnenten gewinnen? Werde ich es schaffen, mir jede Woche ein interessantes Thema einfallen zu lassen?
Zuerst war ich ziemlich enthusiastisch. Der Newsletter erreichte die Briefkästen der Abonnenten und das Layout sah gut aus. Auch der Inhalt kam an. Ich erhielt vielversprechendes Feedback von meiner Leserschaft, die zugegebenermaßen klein war und hauptsächlich aus Freunden und Freundinnen bestand. Dennoch hatte ich das Gefühl, einen guten Start geschafft zu haben.
Schnell stellte sich eine gewisse Routine ein: ein Thema auswählen, recherchieren, den Text schreiben und mit Hilfe einer befreundeten Muttersprachlerin redigieren, Bilder finden, um die Posts zu illustrieren.
Mit jeder Woche ohne technische Disaster ließ meine Angst vor dieser Art von Problemen nach. Aber andere Zweifel schlichen sich ein. Die Abonnentenzahl stieg kaum an und ich konnte über die Wochen nur ein sehr geringes Wachstum verbuchen.
Außerdem brauchte ich zu lange, um jede Woche einen Post zu schreiben – eigentlich zwei, wenn man die deutsche Ausgabe mitzählt. Meine bisherige journalistische Arbeit geht weiter, und ich merkte, wie schwer es ist, das alles unter einen Hut zu bringen. Die Wochen schienen immer kürzer zu werden; der nächste Freitag, sprich der nächste Newsletter, schien immer schon vor der Tür zu stehen. Der Druck stieg. Ich wurde immer frustrierter und schimpfte mich selbst dafür aus, dass ich es nicht besser hinbekam.
Letzte Woche erreichte ich einen Tiefpunkt. Auf meinem Schreibtisch lag ein Magazinartikel, dessen Abgabetermin immer näher rückt. Ein weiterer Newsletter musste fertiggestellt werden. Zu allem Übel litt ich unter fiesen Schulter- und Nackenschmerzen, die mich ausbremsten und mir viel Energie raubten.
Ich sage es nicht gern, aber ich war soweit aufzugeben. Warum nicht einfach mit dem Newsletter aufhören, dachte ich. Welchen Sinn macht es, mit diesem Projekt fortzufahren, das so viel Arbeit bedeutet und nirgendwohin zu führen scheint? Warum versuchen, etwas Neues zu lernen – Abonnenten gewinnen, eine nachhaltigere Formel für den Newsletter finden – wenn ich mich einfach auf meine reguläre Arbeit beschränken könnte, die ich gut kenne und kann? Ich stellte dann doch den Onward Post fertig und schickte ihn letzten Freitag raus. Aber ich überquerte die Ziellinie der Arbeitswoche mehr kriechend als gehend. Das war es, dachte ich. Nächste Woche lasse ich meine Leser wissen, dass ich den Newsletter dran gebe.
Über das lange Labor Day Wochenende fuhren Niko und ich mit unserem Campervan Balou gen Norden zum Humboldt Redwoods State Park. Staunend gondelten wir den Avenue of the Giants entlang. Einige der Sequoias, die diese Strasse überragen, sind mehrere hundert Meter hoch und mehr als tausend Jahre alt. Die majestätischen Bäume können die eigene Perspektive gehörig zurechtrücken.
In der Natur zu sein und Zeit zum Entspannen und Nachdenken zu haben, führte dazu, dass meine gewohnte Energie und positive Einstellung zurückkehrten. War es wirklich der richtige Weg, den Newsletter einfach dranzugeben, fragte ich mich. Oder werfe ich das Handtuch zu früh? Das Kernthema von Onward ist schließlich, neue Dinge anzugehen und Veränderungen zuzulassen. Sind Zweifel, Umwege und Fehltritte nicht Teil solcher Lernprozesse?
Das Wort Durchhaltevermögen tauchte in meinem Kopf auf. Was braucht es, um mehr Stehvermögen zu entwickeln, fragte ich mich. Ich erinnerte mich an ein Interview mit Angela Duckworth, eine führende Forscherin zu dieser Frage, die ich vor einigen Jahren interviewt habe. Wie würde sie meine Kämpfe sehen? Ich versprach mir selbst, doch noch nicht aufzugeben, sondern mir mehr Zeit zu nehmen, dieses Thema zu erforschen.
Da sind wir also. Es ist wieder Freitag und ich habe einen weiteren Newsletter rausgeschickt. Es ist sicherlich der bisher persönlichste Post und in gewisser Weise der schmerzhafteste. Interessanterweise ist es für mich auch einer der befriedigensten. Ich verbuche es als wichtige Lektion. Mal sehen, wohin uns das führt.
Bis nächsten Freitag!
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Ich liebe Deinen Newsletter und ich freue mich jeden Tag auf Freitag! Dein Newsletter inspiriert mich, meine eigene Denkweise neu zu betrachten und macht mir Mut, auch nochmal etwas Neues zu versuchen. Ich hoffe, alle Deine Leser sehen das genauso👍.